Wir steigen mit Daunenjacken in den Bus in Huaraz ein. 42 Stunden spaeter erreichen wir die Kueste Ecuadors. Unterschiedlicher kanns wohl kaum mehr sein. Fuecht-warme Luft, Mangrovenwaelder, Meer und Fisch satt trockene Andenluft, Gebirge und Pollo a la Brasa... Wir tauschen sogleich Trekkingschuhe mit Fipflops, Daunenjacken mit Bikini und fahren in ein kleines Nest suedlich von Puerto Lopez. In Libertador Bolivar finden wir ein Oertchen fuer uns zum entspannen.
Die Menschen hier an der Pazifikkueste haben nicht viel, jedoch strahlen sie Zufriedenheit und Ruhe aus und es scheint, als ob sie mit ihrem Leben gluecklich sind. Dazu faellt uns eine kleine Geschichte von Heinrich Boell ein:
In einem Hafen an einer westlichen Küste
Europas, liegt ein ärmlich gekleideter
Mann in seinem Fischerboot und döst. Ein
schick angezogener Tourist legt eben
einen neuen Farbfilm in seinen
Fotoapparat, um das idyllische Bild zu
fotografieren: blauer Himmel, grüne See
mit friedlichen, schneeweißen
Wellenkämmen, schwarzes Boot, rote
Fischermütze. Klick. Noch einmal: klick,
und da aller guten Dinge drei sind und
sicher sicher ist, ein drittes Mal:
klick.
Das spröde, fast feindselige
Geräusch weckt den dösenden Fischer, der
sich schläfrig aufrichtet, schläfrig
nach seiner Zigarettenschachtel angelt.
Aber bevor er das Gesuchte gefunden, hat
ihm der eifrige Tourist schon eine
Schachtel vor die Nase gehalten, ihm die
Zigarette nicht gerade in den Mund
gesteckt, aber in die Hand gelegt, und
ein viertes Klick, das des Feuerzeuges,
schließt die eilfertige Höflichkeit ab.
Durch jenes kaum messbare, nie
nachweisbare Zuviel an flinker
Höflichkeit, ist eine gereizte
Verlegenheit entstanden, die der Tourist
- der Landessprache mächtig - durch ein
Gespräch zu überbrücken versucht.
"Sie werden heute einen guten Fang
machen."
Kopfschütteln des Fischers.
"Aber man
hat mir gesagt, dass das Wetter günstig
ist." Kopfnicken des Fischers.
"Sie werden also nicht ausfahren?"
Kopfschütteln des Fischers, steigende
Nervosität des Touristen. Gewiss liegt
ihm das Wohl des ärmlich gekleideten
Menschen am Herzen, nagt an ihm die
Trauer über die verpasste Gelegenheit.
"Oh? Sie fühlen sich nicht wohl?"
Endlich geht der Fischer von der
Zeichensprache zum wahrhaft gesprochenen
Wort über.
"Ich fühle mich großartig", sagt
er.
"Ich habe mich nie besser
gefühlt." Er steht auf, reckt sich,
als wollte er demonstrieren, wie
athletisch er gebaut ist.
"Ich fühle
mich phantastisch."
Der Gesichtsausdruck des Touristen wird
immer unglücklicher, er kann die Frage
nicht mehr unterdrücken, die ihm
sozusagen das Herz zu sprengen droht:
"Aber warum fahren Sie dann nicht aus?"
Die Antwort kommt prompt und knapp.
"Weil ich heute morgen schon
ausgefahren bin." "War der Fang gut?"
"Er war so gut, dass ich nicht noch
einmal auszufahren brauche. Ich habe vier
Hummer in meinen Körben gehabt, fast
zwei Dutzend Makrelen gefangen."
Der Fischer, endlich erwacht, taut jetzt
auf und klopft dem Touristen auf die
Schulter. Dessen besorgter
Gesichtsausdruck erscheint ihm als ein
Ausdruck zwar unangebrachter, doch
rührender Kümmernis.
"Ich habe sogar
für morgen und übermorgen genug!"
sagte er, um des Fremden Seele zu
erleichtern.
"Rauchen Sie eine von
meinen?"
"Ja, danke."
Zigaretten werden in Münder gesteckt,
ein fünftes Klick. Der Fremde setzt sich
kopfschüttelnd auf den Bootsrand, legt
die Kamera aus der Hand, denn er braucht
jetzt beide Hände, um seiner Rede
Nachdruck zu verleihen.
"Ich will
mich ja nicht in Ihre persönlichen
Angelegenheiten mischen", sagt er,
"aber stellen Sie sich mal vor, Sie
führen heute ein zweites, ein drittes,
vielleicht sogar ein viertes Mal aus,
und Sie würden drei, vier, fünf,
vielleicht sogar zehn Dutzend Makrelen
fangen. Stellen Sie sich das mal vor!"
Der Fischer nickt.
"Sie würden", fährt der Tourist fort,
"nicht nur heute, sondern morgen,
übermorgen, ja, an jedem günstigen Tag
zwei-, dreimal, vielleicht viermal
ausfahren - wissen Sie, was geschehen
würde?"
Der Fischer schüttelt den Kopf.
"Sie würden sich in spätestens einem
Jahr einen Motor kaufen können, in zwei
Jahren ein zweites Boot, in drei oder
vier Jahren könnten Sie vielleicht einen
kleinen Kutter haben, mit zwei Booten
oder dem Kutter würden Sie natürlich
viel mehr fangen - eines Tages würden
Sie zwei Kutter haben, Sie würden...",
die Begeisterung verschlägt ihm für ein
paar Augenblicke die Stimme,
"Sie
würden ein kleines Kühlhaus bauen,
vielleicht eine Räucherei, später eine
Marinadenfabrik, mit einem eigenen
Hubschrauber herumfliegen, die
Fischschwärme ausmachen und Ihren
Kuttern per Funk Anweisung geben, sie
könnten die Lachsrechte erwerben, ein
Fischrestaurant eröffnen, den Hummer
ohne Zwischenhändler direkt nach Paris
exportieren - und dann..." - wieder
verschlägt die Begeisterung dem Fremden
die Sprache.
Kopfschüttelnd, im tiefsten
Herzen betrübt, seiner Urlaubsfreude
schon fast verlustig, blickt er auf die
friedlich hereinrollende Flut, in der
die ungefangenen Fische munter springen.
"Und dann", sagt er, aber wieder
verschlägt ihm die Erregung die Sprache.
Der Fischer klopft ihm auf den Rücken
wie einem Kind, das sich verschluckt
hat.
"Was dann?" fragt er leise.
"Dann", sagt der Fremde mit
stiller Begeisterung,
"dann könnten
Sie beruhigt hier im Hafen sitzen, in
der Sonne dösen - und auf das herrliche
Meer blicken."
"Aber das tu ich ja schon jetzt",
sagt der Fischer,
"ich sitze beruhigt
am Hafen und döse, nur Ihr Klicken hat
mich dabei gestört." Tatsächlich zog
der solcherlei belehrte Tourist
nachdenklich von Dannen, denn früher
hatte er auch einmal geglaubt, er
arbeite, um eines Tages einmal nicht
mehr arbeiten zu müssen, aber es blieb
keine Spur von Mitleid mit dem ärmlich
gekleideten Fischer in ihm zurück, nur
ein wenig Neid.
Geschichte von
Heinrich Böll
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Libertador Bolivar. |
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Versteckt. |
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Nicht ganz die Kraibik, aber mit Charme. |
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Knedlsuppe mal anders. |
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Hola Muchachos! |
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Olas. |
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Sand. |
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Gluecklich. |
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Palmen. |
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Marius. |
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Renate. |
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Schneggile. |
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Muster. |
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Spiegel. |
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Fischer bei der Arbeit. |
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Fischverkauf. |
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Mit dem Abendessen nach hause. |
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Baden. |
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Krebsl. |
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...und wo gesch du hin? |